Wohnung wurde nicht rechtzeitig fertiggebaut, wie weit geht der Schadenersatz?

Stellt der Bauträger die Wohnung nicht rechtzeitig zur Verfügung, so steht Ihnen nicht nur Ersatz der länger gezahlten Miete, sondern Nutzungsausfallentschädigung für die nicht fertige neue Wohnung zu. Das OLG München bekräftigt in seiner Entscheidung vom 04.02.2022 (AZ: 20 U 2428/21) die Rechtslage.

Verzug des Bauträgers

Im vorliegenden Fall versprach der Bauträger dem Erwerber die Herstellung einer großen Eigentumswohnung. Wegen eines Mangels war die Wohnung jedoch nicht zum vereinbarten Zeitpunkt bezugsfertig. In diesem Zusammenhang verlangte der Erwerber für die nicht genutzte Wohnung eine Nutzungsausfallentschädigung, die ihm auch zugesprochen wurde.

Nutzungsausfallentschädigung

Bisher war die Nutzungsausfallentschädigung größtenteils im Bereich der Autounfälle bekannt. Wenn dem Geschädigten nach dem Zeitpunkt des Schadenseintritts keine Ersatzmöglichkeit zur Nutzung des Autos zusteht, kann er dafür Entschädigung verlangen. Dieser Gedanke wird in Anknüpfung an zwei BGH-Entscheidungen (veröffentlicht bei IBR 2014, 275 und 404) seit 2014 auch auf die Fälle des Bauträgerverzugs angewandt. Dem Erwerber einer Bauleistung steht Entschädigung für den Zeitraum zu, in dem ihm, nach dem Verzugseintritt, kein gleichwertiger Wohnraum zur Verfügung steht. Nach den Entscheidungen des BGH (VII ZR 172/13 und 199/13) besteht der Schaden darin, dass durch das Vorenthalten der neuen Wohnung die Lebensführung massiv beeinträchtigt sein kann („fühlbare Gebrauchsbeeinträchtigung“). Das kann die Größe der Wohnung, aber auch die Qualität betreffen.

Höhe der Nutzungsausfallentschädigung

Unbeantwortet bleibt die Frage nach der Höhe der Entschädigung im Einzelfall. Der BGH stellt klar, dass der Nutzungsausfall neben dem Schaden durch weitere Mietzahlungen geltend gemacht werden kann (aber darauf angerechnet werden muss). Der BGH stellt aber auch klar, dass für eine höhere Qualität in Form von besonderem Luxus oder reiner Liebhaberei kein Nutzungsausfall zu zahlen ist.

Praxistipp:

Verzug tritt ein, wenn eine vereinbarte Frist überschritten wird. Ein Verbraucherbauvertrag und ein Bauträgervertrag müssen verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Immobilie enthalten, sonst gelten die Angaben aus der zwingend zu übergebenden Baubeschreibung vor Abschluss des Vertrages. Im Übrigen genügt, neben anderen Gründen, die Mahnung mit einer angemessenen Fristsetzung, sobald der Bau vereinbarungsgemäß begonnen hat oder hätte beginnen sollen.

Stand: 01.03.2023

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Boris Burtin Fachanwalt Baurecht & Architektenrecht • Grundstücksrecht & Immobilienrecht • Mietrecht & Wohnungseigentumsrecht • Bankrecht & Kapitalmarktrecht

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