Die Bundesregierung hat auf eine Kleine Anfrage im Bundestag klargestellt, dass eine gemeinsame Kasse für Trinkgelder die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 51 EStG nicht gefährdet.
Rechtliche Einordnung von Trinkgeldern
Trinkgelder sind vom Kunden oder Gast gewährte Vergütungen, die über den Rechnungsbetrag hinausgehen und als persönliche Zuwendung für eine besondere Serviceleistung gedacht sind. Der Kunde oder Gast ist rechtlich nicht zu dieser Leistung verpflichtet und zahlt sie daher – anders als bei festgelegten Bedienungs- oder Servicegeldern – freiwillig als besondere Anerkennung an den Beschäftigten, etwa bei einem Friseurbesuch oder in der Gaststätte. Der Arbeitnehmer erhält das Trinkgeld also zusätzlich zu seinem Arbeitsentgelt von einem Dritten (§ 107 Abs. 3 GewO).
Die Trinkgeldbesteuerung ist im Einkommensteuergesetz geregelt. Da die Besteuerung von Trinkgeldern naturgemäß äußerst schwierig ist, hatte der Gesetzgeber bereits vor mehreren Jahrzehnten eine (teilweise) Steuerfreiheit eingeräumt, indem ein monatlicher Freibetrag gewährt wurde. Seit dem 01.01.2003 gilt eine generelle Steuerfreiheit für Trinkgelder (§ 3 Nr. 51 EStG), allerdings nicht für Selbstständige. Denn wenn der Unternehmer von Trinkgeldern profitiert, so sind diese als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu erklären.
Anfrage zur Steuerfreiheit zentraler Trinkgelder
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte u.a. in seinem Urteil vom 18.12.2008 entschieden, dass aus einem Spielbanktronc finanzierte Zahlungen an Arbeitnehmer der Spielbank keine steuerfreien Trinkgelder darstellen, da seitens der Arbeitnehmer an diesen weder eine Berechtigung noch Teilhabe bestünde. Als Tronc wird in einer Spielbank beim Roulette die Trinkgeldkasse bezeichnet. Die Besucher geben hierbei Trinkgeld in Form von Jetons in einen eigens zu diesem Zweck aufgestellten Behälter, dessen Inhalt unter den Beschäftigten nach zuvor festgelegten Kriterien (Funktion, Dienstalter, etc.) verteilt wird. Dieses „Trinkgeld“ ist dann auch kein „Zubrot“, sondern deren Haupteinkommen (Steuern mobil 9/2023, NWB KAAAJ-46317). Darüber hinaus fehle es nämlich an einem für den Begriff des Trinkgeldes erforderlichen Mindestmaß an persönlicher Beziehung zwischen dem Kunden und dem Trinkgeldempfänger.
Daher stellte sich die Frage, ob es sich bei von Servicekräften in der Gastronomie eingenommenen und in einen gemeinsamen Tronc eingezahlten Trinkgeldern, die dann durch den Arbeitgeber an alle übrigen Beschäftigten ausgezahlt werden, entgegen § 3 Nr. 51 EStG um steuerpflichtigen Arbeitslohn handele. Denn auch hier könnte die Annahme begründet werden, dass es an der persönlichen Beziehung zwischen Trinkgeldgebern und Trinkgeldnehmern fehlt.
Diese Frage wurde verneint. Begründet wurde dies damit, dass es zwar wie beim Spielbanktronc eine gemeinsame, zentrale Trinkgeldkasse gäbe, damit aber jedem einzelnen Arbeitnehmer originär Miteigentum an dieser zustehen würde. Zumindest haben die Arbeitnehmer einen Anspruch gegen ihren Arbeitgeber auf Überlassung des Inhalts der Trinkgeldkasse, sodass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit gegeben wären.
Sozialrechtliche Einordnung von Trinkgeldern
Da Trinkgelder steuerfrei sind, sind sie auch von der Sozialversicherung beitragsfrei.
Ähnlich beurteilt auch das Bundessozialgericht (BSG) die Einstufung von Trinkgeldern bei gleichzeitigem Bezug von Sozialleistungen. Wie das BSG in seinem Urteil vom 13.07.2022 (Az. B 7/14 AS 75/20 R) entschied, ist Trinkgeld grundsätzlich kein Erwerbseinkommen im Sinne von § 11a Abs. 5 SGB II (Bürgergeldgesetz). Erst wenn durch das Trinkgeld eine Zuwendung erfolgt, die 10% des jeweiligen Regelsatzes übersteigt, beeinflusst es die finanzielle Lage des Bürgergeld-Beziehers so günstig, dass es auf den Anspruch auf Bürgergeld anzurechnen wäre.
Weitere Besonderheiten von Trinkgeldern
Da Trinkgelder ausschließlich dem Arbeitnehmer zustehen, können sie auch nicht auf den Mindestlohnanspruch nach § 1 MiLoG angerechnet werden. Ähnlich verhält es sich mit Entgeltfortzahlungsansprüchen. Da freiwillige Trinkgelder nicht zum Entgelt gehören, fließen sie in diese Berechnungen nicht mit ein.
Praxistipp:
Auch wenn die Rechtslage hier ziemlich klar erscheint, so gestaltet sich die Frage nach der Behandlung von Trinkgeldern in der Praxis nicht ganz so einfach. Angefangen von der Problematik der Verteilung bis hin zur Dokumentation bei per Kartenzahlung vereinnahmter Trinkgelder, gibt es sehr viele Fallstricke zu beachten. Bei weiterem Beratungsbedarf hierzu können Sie uns gern kontaktieren.
Stand: 06.09.2023
Ansprechpartner:
Sabine Stölzel (Rechtsanwältin / Fachanwältin für Arbeitsrecht)
Peter Kossatz (Steuerberater)
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